52 weeks of music – The snows of New York von Chris de Burgh

Jede Woche gibt es hier ein neues Lied, von mir ausgesucht und von meinem Schatz in einem Gastbeitrag beschrieben/besprochen. Daraus entstehen dann 52 Weeks of Music. Die gesamte Playlist gibt es schon auf Spotify (52 weeks of music). Alle Beiträge hier im Blog findet ihr unter 52weeksofmusic.

Woche 2: Chris de Burgh, The snows of New York

The snows of New York bei Spotify

And when you’re feeling lost in the snows of New York
Lift your heart and think of me

Lieber Chris de Burgh, Du warst noch nie cool. Und dann erwähnst Du die Stadt, die gefühlt schon immer der Inbegriff der Coolness ist, so ganz nebenbei und ohne dass es dem Song wirklich weiterhilft. Warum nur?

Für die Aussage von „The snows of New York“ ist New York – und das ist schon eine Leistung – vollkommen austauschbar. Nicht gegen jeden anderen Ort, schon allein wegen der Silbenzahl (Garmisch-Partenkirchen ist völlig raus), aber anstelle von New York könnte da auch „Hawaii“, „Berlin“ oder „Peru“ stehen. Zwei Silben passen in die Zeile, damit lässt sich elegant ein Gruß ans lokale Publikum einbauen, das dem Star Chris de Burg nach seinem Welthit „Lady in Red“ zu Füßen lag. Hauptsächlich in Deutschland übrigens, da sprechen sieben Auftritte bei „Wetten, dass..?“ für sich. Und zu „Wetten, dass..?“ passt auch „The snows of New York“: Eingängig, ein bisschen pompös (vor allem in der Orchesterfassung auf „Beautiful Dreams“, ganz anders als die irgendwie authentischere Version des Mitkomponisten Albert Hammond von 2012), aber maximal massenkompatibel und voller lyrischer Bilder, die einem irgendwie bekannt vorkommen.

Hier etwa:

In my dream we walked, you and I to the shore
Leaving footprints by the sea,
And when there was just one set of prints in the sand,
That was when you carried me.

Das ist eine sehr starke Hommage an Margaret Fischback Powers‘ Werk „Footprints“ von 1964. Die juristische Auseinandersetzung um die Verwendung und ihre Urheberrechte hat sie schon vor langer Zeit aufgegeben. Das Gedicht ist zu einem religiösen Allgemeinplatz geworden, das spricht einerseits für die Massenkompatibilität im christlichen Abendland und wirft andererseits weitere Fragen zum Text auf: Mit wem spricht Chris da eigentlich? Ist es sein Schöpfer, sein bester Freund oder beides?

Die zwei haben die ganze Nacht gequatscht, jetzt muss der andere los. Wenn es ihm, dem Freund, mal nicht so gut gehe, etwa „in the snows of New York“, dann solle er sein Herz erheben und an Chris denken. Nicht cool. Ganz in der christlichen Diktion verbleibend, ist es eher ein bisschen anmaßend. Vielleicht scheidet der Allerhöchste als Gesprächspartner an dem Punkt dann doch aus.

Spätestens bei der Buddy-Zeile „Then there are those who fight for the things they believe, and these are men like you and me“ sollte man zur Vermeidung profunder interkonfessioneller Spannungen davon ausgehen, dass Chris mit einem alten, sehr menschlichen Freund spricht, der jetzt irgendwohin muss. Irgendwohin, wo Chris nicht ist – und da ist es tatsächlich egal, ob es New York oder Saas-Fee ist.

In Saas-Fee ist die Schneewahrscheinlichkeit bedeutend höher. Und es liegt in der Schweiz, ebenso wie der Genfer See. Den hat Chris de Burgh in einem anderen Song erwähnt, dem inhaltlich sehr bewegenden und ganz und gar nicht coolen „Say goodbye to it all“. Die Verwirrung ob der Inkompatibilität von Text und Musik, wie sie im Original auf „Spark to Flame“ von 1989 aufkommt, legt sich, wenn man die orchestrale Aufnahme auf „Beautiful Dreams“ von 1995 hört. Für den letztgenannten Song: Unbedingte Hörempfehlung für Normandie-Reisende, die sich im Urlaub die D-Day-Strände anschauen und vor der ungeheuren menschlichen Leistung und den ungeheuren Verlusten erschauern.

Text „The snows of New York“ zum Nachlesen

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