Inhaltsverzeichnis

Jede Woche gibt es hier ein neues Lied, von mir ausgesucht und von meinem Schatz in einem Gastbeitrag beschrieben/besprochen. Daraus entstehen dann 52 Weeks of Music. Die gesamte Playlist gibt es schon auf Spotify (52 weeks of music). Alle Beiträge hier im Blog findet ihr unter 52weeksofmusic.

Woche 7: Nisse, Herz auf Beat

Herz auf Beat bei Spotify

Ich pack mein Herz auf den Beat und lass dich darauf tanzen, tanzen, tanzen.

Lieber Nisse,

Du packst also Dein Herz auf den Beat und lässt irgendjemand darauf tanzen, tanzen, tanzen. Und dann?

Es gibt nichts Leichteres, als einen ach so klugen Verriss über Texte oder ganze Songs zu schreiben. Das ist mir zu simpel, dafür habe ich zu großen Respekt vor der kreativen Leistung eines Künstlers, der aus dem Nichts einen Song oder etwas schafft, das Menschen berührt. Dazu kommt, dass Nisse zumindest in Interviews usw. ganz okay rüberkommt. Ich versuche also, eher behutsam an den Text von „Herz auf Beat“ heranzugehen.

Du willst es und ich ändere das Alphabet, sodass überall nur noch dein Name steht.

Klingt ja ganz romantisch von der Grundidee her: Da steht jetzt überall der Name der Angebeteten. Auf einem Parfümflakon. Auf einer Postkarte von Paris. Auf dem Riesenrad. Aber halt auch auf jedem Toilettenhäuschen. Auf einem Stoppschild. Auf dem Schild neben der Diensttreppe an der Autobahn. Und auf jedem T-Shirt, von Ed Hardy bis Slayer, von La Martina bis Eintracht Frankfurt – überall der Name der Perle. Und dann?

Ich liebe das Farbenreich, bloß dir ist es zu bunt, ich male schwarz und weiß.

Vom Prinzip her auch klar, Du machst alles, was Hasilein möchte. Aber nur weil Du Deine eigentlichen farblichen Vorlieben von eben auf jetzt sein lässt, heißt das ja noch nicht, dass Du gleich Schwarzmalen musst. Aber wenn Du es so willst, bitteschön, dann lebe mit Deiner Holden in einer farblosen Welt, in der Du Dich ein ganzes Stück weit aufgegeben hast und in der es offenbar auch keine Grautöne gibt. Klingt für mich jetzt nicht so dolle.

Ich bin der größte Pazifist, doch erober jedes Königreich für dich.

Noch eine Zeile aus der Abteilung „Ich tue doch alles für sie“. Schon recht, aber bist Du nun Pazifist – oder William the Conqueror, Hernán Cortés, Sultan Mehmed II.? Und vor allem, für wen soll die Lady sich entscheiden, für den friedliebenden Barden oder den finster entschlossenen Wüterich? Klar können wir Männer beides sein, aber so richtig überzeugend kannst Du ja schon nur das eine oder das andere sein, also musst Du Dich schon entscheiden.

Für meine Königin, Herrscherin, Kaiserin, Kleopatra…

Okay, das klingt doch schon nach einer Entscheidung. Kleopatra hat sich ja nicht mit irgendwelchen Lautenspielern eingelassen, sondern mit den mächtigsten Römern ihrer Zeit: Gaius Julius Cäsar und Marcus Antonius. Ganz schön ambitioniert, der junge Mann.

Doch egal wie schön ich sing, begabt oder reich ich bin, deine Sucht nach Mehr trennt uns wie ein ganzer Ozean.

Heute morgen wohl „Kellogg´s Selbstbewussties“ gefrühstückt? Es geht ja nur darum, wie schön der Mann singt, wie begabt oder reich er ist – er singt also in jedem Fall schön und ist begabt und reich. Dass das nicht reicht, ist dann aber schon tragisch.

Nur dir gehört dieses Lied, ich lass dich darauf tanzen, tanzen, tanzen. Ich lass dich darauf tanzen, bis deine Schuhe blutig sind.

Und nach all dem Tamtam auch noch die Falsche ausgewählt. „Ruckedigu, ruckedigu, Blut ist im Schuh“ – Junge, bei Deiner Prinzessin werden die Füße nicht blutig, das sind all die Dorftrampel und bösen Schwestern und so.

Für mich ist das alles noch so ein bisschen unausgegoren. Mal hü, mal hott, ja was denn nun? Wenn alles so kommt, wie Nisse möchte – und dann? Was ist denn, wenn man die steilen Thesen zu Ende denkt? Ich habe darauf keine Antworten, auch der sehr künstlerische Kurzfilm zum Album „August“ hat mir da nicht weitergeholfen.

A propos helfen – „Helfe kann Dir keiner„, auch schon deshalb, weil man den Text dieser unbedingten Singempfehlung von BAP nicht versteht. Und selbst wenn: Helfen kann einem wirklich keiner, weder bei der Beantwortung all dieser Fragen noch bei dem, was dahintersteht, der Suche nach dem eigenen Ich und dem richtigen Du dazu. Deshalb:

Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.

Das ist nicht von Nisse. Und auch nicht von mir, das ist von Brecht.

Nimm mich mit zu Pinterest: