52 weeks of music – Through the barricades von Spandau Ballet

Jede Woche gibt es hier ein neues Lied, von mir ausgesucht und von meinem Schatz in einem Gastbeitrag beschrieben/besprochen. Daraus entstehen dann 52 Weeks of Music. Die gesamte Playlist gibt es schon auf Spotify (52 weeks of music). Alle Beiträge hier im Blog findet ihr unter 52weeksofmusic.

Woche 24: Spandau Ballet, Through the barricades

Through the barricades bei Spotify

And now I know what they’re saying
In the music of the parade

Liebes Spandau Ballet,

Ihr habt Euch bei allem Möglichen so viel gedacht. Wetten, dass Ihr nicht darauf kommt, woran ich bei dem Song denke?

Es gibt Dinge, die werden nicht besser, wenn man sich intensiv mit ihnen befasst. Uns allen fällt sofort „Stochastik“ dazu ein, aber auch Kinderkrankheiten, das Gesamtwerk von Peter Handke und Songs aus den 80ern gehören dazu. Manchmal ist es besser, an der Oberfläche zu bleiben, nur einen flüchtigen Eindruck davon mitzunehmen oder es bei der kindlichen bis heranwachsenden Erinnerung zu belassen.

Ein Beispiel aus der Welt des Sports?  Das WM-Halbfinale 1982 zwischen Deutschland und Frankreich. Das Spiel hatte ich als „DAS BESTE SPIEL ALLER ZEITEN“ in Erinnerung; es mag an dem Vorlauf (Hanuta-Sammelbildchen, sogar vom Assistenztrainer Erich Ribbeck), der Umgebung (im Urlaub in Österreich) und dem Umstand, dass ich das Spiel überhaupt sehen durfte (Anpfiff war um 21 Uhr und ich noch sehr jung) gelegen haben, aber das war einfach nicht zu toppen: Nach 90 Minuten steht es 1:1, das Spiel geht in die Verlängerung (jippie, noch länger aufbleiben), Frankreich führt schnell 3:1 und dann gleichen Rummenigge (Idol bis 1985) und Klaus Fischer (Fallrückzieher!) aus. Elfmeterschießen und es ist bald silvesterverdächtig spät. Uli Stielike verschießt, bricht weinend zusammen und wird von Pierre Littbarski, der ihn mit einer Körpergröße von 1,58 Meter in diesem Moment um einen ganzen Kopf überragt, in den Anstoßkreis zurückgeführt. Dann hält Toni Schumacher zwei Elfmeter. Deutschland ist im Finale und ich bin am nächsten Tag beim Kicken freiwillig die ganze Zeit im Tor.

She says it must be youth
That keeps us feeeling strong

Ah, kindliche Unschuld. Neulich habe ich mir Auszüge aus dem Spiel nochmal angeschaut. Es war ein eher mäßiges Gekick, die Franzosen spielten eleganter und sogar effizienter. Und dann natürlich die Sache mit Schumacher vs. Battiston. Ich hätte mir es lieber nicht nochmal angeschaut.

Zu den Songs aus den 80ern: So ähnlich ist es bei mir mit „Through the barricades“. Der Song und das gleichnamige Album erschienen 1986 und tauchten auf meinem Radar gegen Mitte 1987 auf. Eigentlich ging es nur um das Gitarrenintro. Verlässliche Quellen zufolge hatte derjenige, der dieses Intro halbwegs fehlerfrei auf einer akustischen Gitarre vortragen konnte, nahezu unbegrenzte Chancen bei gleichaltrigen Mädchen. In einer Phase, in der ein durchschnittlicher männlicher Teenager bestenfalls damit rechnen konnte, für die Angebetete aus der Parallelklasse „irgendwie gut zum Reden“ zu sein oder von weniger interessanten Mädchen aus den unteren Jahrgängen der Mittelstufe angehimmelt zu werden, war das ein sehr erstrebenswertes Gut. Also habe ich das Intro geübt, wieder und wieder. G-Dur, E-moll, H-moll – Barrégriff, das tut in den Fingern schweineweh. Allerdings habe ich nur das Intro geübt und auch nur den Teil, der nicht noch komplizierter war. Was wiederum etwas zu kurz gedacht war, denn ohne zusammenhängenden Vortrag gab es gar keine Möglichkeit, irgendetwas davon zur Aufführung zu bringen. Die großen Buben konnten im Zweifelsfall das ganze Lied oder sogar mehrere davon und brachten die dann im Zeltlager zu Gehör und damit etliche Zuhörerinnen – bis hin zu den Betreuerinnen – quasi zu Fall. Den Hinweis, dass auch ich das Intro könnte, habe ich mir aus Selbstachtung gespart. Das ganze Lied kann ich übrigens bis heute nicht.

There’s a scar through my heart
But I’ll bare it again

Ja, ein kleines bisschen ist von dieser traurigen Erfahrung hängengeblieben. Aber eigentlich überwiegen die positiven Erinnerungen an den Song und seine Macher. Spandau Ballet waren die Überpopper, die sowas wie Gold oder True gesungen haben. Und Through the barricades ist tatsächlich auf dem allerersten „Kuschelrock“-Sampler. So weit, so einfach. Dabei setzt sich der Song mit den damaligen Zuständen im zerrissenen Nordirland auseinander. Selbst der Bandname ist nicht mehr besonders elegisch oder poppig, wenn man seinen Ursprung erfährt; ganz im Gegenteil, das geht in Richtung Death Metal.

Und – ausnahmsweise – kläre ich den geneigten Leser an dieser Stelle nicht über all die tieferen Zusammenhänge, überraschenden Perspektivwechsel und einen eventuellen tieferen Sinn auf. Es reicht, dass ich das Lied jetzt mit ambivalenten Gefühlen sehe, für alle anderen soll er bitte die Kuschelrock-Nummer bleiben, die man auf der zur Konfirmation geschenkten Kenwood-Anlage (mit separaten Komponenten und externen Boxen) gehört und zu der man damals vielleicht den ersten Engtanz oder sogar den ersten Zahnspangen-Kuss mit Geschmack nach Batida de Coco im discokugelerleuchteten Partykeller erlebt hat. Manchmal muss man die Dinge so lassen, wie sie sind. Denn wie hat schon Heinrich Spoerl seinen Johannes Pfeiffer in der „Feuerzangenbowle“ sinnieren lassen: „Wahr sind nur die Erinnerungen, die wir mit uns tragen; die Träume, die wir spinnen, und die Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden.“ Und das tue ich jetzt auch und schreibe nur noch schnell die unbedingte Hörempfehlung hier hin: Set adrift on memory bliss mit dem herrlichen Spandau-Ballet-Sample aus True über dem 90er Standard-Beat (ich sag´s ja, es gab nur den einen, fragt mal Suzanne Vega).

Text von Through the barricades zum Nachlesen

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