Stellt euch mal vor, es gäbe da ein Unternehmen, das wirklich durchdachte Schulranzen herstellt. Schulranzen, die mitwachsen, die der Anatomie der Kinder angepasst sind, die die Vorfreude auf die Schule noch vergrößern. Die in ganz vielen verschiedenen Farben und Mustern produziert werden, die man darüber hinaus sogar noch individualisieren kann. Das wäre doch mal was, oder?
Schulranzenkauf, Träumen erlaubt …
Dann wäre der Schulranzenkauf ja ganz einfach. Lieblingsfarbe und Muster aussuchen, ganz nach den Vorstellungen des aufgeregten baldigen Schulkindes noch anpassen/individualisieren und das Ganze dauert dann überhaupt nicht lange. So zumindest die Theorie.
Tatsächlich gibt es ein Unternehmen, dass für seine innovativen Schulränzen seit 2010 etliche Preise und Wettbewerbe gewonnen hat, u.a. für das Design und Konzept. Und die Schulranzen sind auch wirklich durchdacht, aber … ja, es gibt auch hier ein ABER.
Der Traum vom ersten eigenen Schulranzen
Warum wird bei so einem jungen, innovativen Unternehmen in den klassischen Farben gedacht: Blau für Jungs, Rosa für Mädchen. Warum? Es gibt eine riesengroße Auswahl an Ranzen, aber wenn ein Mädchen dann einen blauen Ranzen möchte, scheitert es (fast) an den Raketen-Klett-Dingern. Klett-Dinger sind übrigens kleine runde Bildchen, die mit Klettverschluss am Ranzen angebracht werden können. Man kann sie sogar nachkaufen, aber jeder Ranzen hat eben ab Werk schon welche drauf. Und da wird leider schön in Schubladen gedacht und die „Jungsfarben“, also Blau und Grün und alles Dunkle sind mit „Jungs-Klett-Dinger“, wie Autos, Bällen und Raketen ausgestattet. Bei den „Mädchenfarben“, also Rosa, Lila und Türkis sind von Anfang an „Mädchen-Klett-Dinger“ dran, also Tierbabies, Feen und Prinzessinnen. Finde nur ich, dass man bei innovativen, durchdachten Schulranzen nicht in den gängigen Gender-Schubladen denken darf? Warum nicht die Klett-Dinger erst nach dem Ranzen aussuchen? Warum nicht einfach ab Werk ohne Klett-Dinger oder eben nur einfarbige Klett-Dinger mit geben? Warum das Individualisieren nicht richtig ernst meinen und alle Teile des Sets, oder zumindest ein Mäppchen und Klett-Dinger, einzeln dazu anbieten?
Klar hätte man dann immer noch das Problem, dass man vielleicht an einen Fachverkäufer gerät, der Farben nach völlig veralteten Schubladen sortiert und überhaupt nicht verstehen kann, dass ein Mädchen einfach keinen rosa oder lila Ranzen möchte. Ok, aber dafür könnte dann das Unternehmen ja nix. Es hätte ja alles versucht, um dem vorzubeugen.
So gab es Gespräche und Erklärungen, warum am gewählten wunderschönen knallblauen Schulranzen eben leider Raketen dran sind, man aber natürlich Tierbabies dazu kaufen kann und auch die einfarbigen Mäppchen noch ergänzt bzw. ersetzt werden können. Die Klett-Dinger und Mäppchen sind im Vergleich zum Ranzen nämlich leichter jährlich zu wechseln, so ein Ranzen hingegen sollte die vier Jahre in der Grundschule halten und, was viel wichtiger ist, auch gefallen!
Und am Ende wäre es fast noch am Kommentar des Verkäufers gescheitert, dass die Wahl des Ranzens ja „eine sehr erwachsene Wahl“ gewesen wäre. Argh! Warum immer diese Schubladen? Warum vor allem dieser Rückschritt? Immer Rosa oder Hellblau? Auf meinen Kinderbildern trage ich gelb und grün. Warum können Kinder nicht selber wählen, welche Farben ihnen gefallen? Warum können Farben nicht einfach nur Farben sein, ohne direkt ein Geschlecht darstellen zu müssen? Können Kinder nicht ohne diese Schubladen aufwachsen (passend zum Thema die Verkleidungs-Thematik an Fastnacht aus meiner „Was wäre wenn“-Reihe)?
Fragen über Fragen und alles nur, weil man an einen engstirnigen Verkäufer gerät und der Schulranzen in Wunschfarbe „Jungs-Klett-Dinger“ dran hat. Zum Glück wurde der Kommentar des Verkäufers überhört und die Tierbaby Klett-Dinger dazu gekauft. Jetzt steht einer Einschulung mit dem Wunsch-Schulranzen nichts mehr im Weg!
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